Verschwunden - Orte, die es nicht mehr gibt

Tausende Orte, Dörfer und Städte in den ehemals deutschen Siedlungsgebieten in Ostmittel- und Südosteuropa sind seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges verschwunden. Mit ihnen gingen Kirchen, Kulturschätze und Denkmäler Europas verloren, aber auch persönliche Bezugspunkte der damals dort lebenden Deutschen.

Die historischen Kausalitäten für das „Verschwinden“ dieser Orte liegen nicht nur in den Wirkungen des Nachkriegsgeschehens, sondern sind letztlich aus der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft  hervorgegangen. Der NS-Terror und die Verbrechen gegen viele europäische Völker und Staaten führten bei den Siegermächten des Zweiten Weltkrieges zu kollektiven Maßnahmen gegen Deutschland und seine Bevölkerung. Besonders betroffen waren die Deutschen im Osten. Bereits 1941 begannen auf Befehl Stalins die kollektiven Maßnahmen gegen Deutsche in Russland, die Verbannung und Verschleppung in die Weiten Sibiriens. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges setzten sich die Gewalttaten durch die Rote Armee und die von Stalin geleiteten kommunistischen Parteien fort. Die neu etablierten kommunistischen Regimes erhielten im Zuge der Neuordnung Europas freie Hand bzw. den Auftrag Stalins, die längst angestrebte Massenvertreibung der Deutschen durchzuführen. Sie wurde auch von den Siegermächten USA und Großbritannien gebilligt. Die Vertreibung wurde mit unnachsichtiger Härte und ohne Rücksicht auf individuelle Schuld oder Unschuld an den nationalsozialistischen Verbrechen durchgeführt.

Etwa 12 bis 14 Millionen Deutsche mussten zwangsweise ihre Heimat verlassen. In Folge dieses Geschehens verschwanden zahllose Orte. Sie liegen vor allem im heutigen Russland, Tschechien und Polen. Ihr Untergang hatte weitgehend demografi sche, aber auch ideologische, ökonomische oder soziale Gründe.

Diese Ausstellung geht in neun Abteilungen den Ursachen nach und zeigt Beispiele verschwundener Orte und Stätten. Sie zeigt aber auch manche Bemühungen unserer Nachbarn und jetziger Bewohner um den Wiederaufbau von verschwundenen und die Integration von verbliebenen Teilen deutscher Kultur und Geschichte in die dortige Gesellschaft . Dieser verständigungspolitische Ansatz ist ein wichtiger Baustein für ein friedliches Europa.

Initialzündung für diese Ausstellung war die Forschungsarbeit der tschechischen Organisation Antikomplex, die sich bereits vor Jahren in der Tschechischen Republik auf Spurensuche begab und ihre Erkenntnisse teilte. Auch von russischer und polnischer Seite erfuhr die Suche nach den verschwundenen Orten positive Unterstützung.

Luftbild der Stadt Zinten in Ostpreußen 1930 und das Gelände der verschwundenen Stadt 1991.
Luftbild der Stadt Zinten in Ostpreußen 1930 und das Gelände der verschwundenen Stadt 1991. Fotos: Bildarchiv Heiligenbeil, Rheine
Luftbild der Stadt Zinten in Ostpreußen 1930 und das Gelände der verschwundenen Stadt 1991.
Luftbild der Stadt Zinten in Ostpreußen 1930 und das Gelände der verschwundenen Stadt 1991. Fotos: Bildarchiv Heiligenbeil, Rheine
Das Dorf Buchwald im Böhmerwald 1940 und ein Foto aus derselben Perspektive 2003.
Das Dorf Buchwald im Böhmerwald 1940 und ein Foto aus derselben Perspektive 2003. Fotos: Antikomplex, Prag
Das Dorf Buchwald im Böhmerwald 1940 und ein Foto aus derselben Perspektive 2003.
Das Dorf Buchwald im Böhmerwald 1940 und ein Foto aus derselben Perspektive 2003. Fotos: Antikomplex, Prag
Die Südwestecke des Königsberger Schlosses mit dem Großen Schlossturm um 1890 und seine Sprengung 1953.
Die Südwestecke des Königsberger Schlosses mit dem Großen Schlossturm um 1890 und seine Sprengung 1953. Foto oben: Wikipedia Foto unten: Staatsarchiv des Kaliningrader Gebietes (GAKO)
Die Südwestecke des Königsberger Schlosses mit dem Großen Schlossturm um 1890 und seine Sprengung 1953.
Die Südwestecke des Königsberger Schlosses mit dem Großen Schlossturm um 1890 und seine Sprengung 1953. Foto oben: Wikipedia Foto unten: Staatsarchiv des Kaliningrader Gebietes (GAKO)

Schweigen? - Reden!

Briefzitat von Rita Wagener, 9. März 1994
Briefzitat von Rita Wagener, 9. März 1994
Zygmunt Rogalla, der Ich-Erzähler im Roman „Heimatmuseum“ von Siegfried Lenz
Zygmunt Rogalla, der Ich-Erzähler im Roman „Heimatmuseum“ von Siegfried Lenz
Christa Haase: Fürstenfl agge zur Zeit meiner Kindheit, Pommersche Zeitung 7. Dezember 1996
Christa Haase: Fürstenfl agge zur Zeit meiner Kindheit, Pommersche Zeitung 7. Dezember 1996
Abschrift  aus der Pommerschen Zeitung am 5. August 2006 von Ingrid Dietrich, Mülheim an der Ruhr
Abschrift aus der Pommerschen Zeitung am 5. August 2006 von Ingrid Dietrich, Mülheim an der Ruhr
Ingrid Dietrich, Sammlung der nicht mehr vorhandenen Orte im Kreis Naugard
Ingrid Dietrich, Sammlung der nicht mehr vorhandenen Orte im Kreis Naugard
 Ingrid Lenius, Erinnerungen an den Ort Schwabach
Ingrid Lenius, Erinnerungen an den Ort Schwabach

Verschwundene Orte, verlorene Heimat

Mit den Dörfern, Städten, Häusern und Landstrichen, die verlassen werden mussten, die im Krieg und nach 1945 zerstört, überbaut oder nicht wieder aufgebaut wurden, verschwand auch die Möglichkeit, ein Heimatgefühl zu verorten.

Der erzwungene Bruch mit Traditionen, kulturellen Errungenschaften und sozialen Strukturen führte zu einem Wandel, der ebenfalls als Verlust wahrgenommen wurde.

Das Erinnern an die alte Heimat transformierte das Trauma des Verlusts in ein ideelles Gut, welches Bestand hat. Überhöhung und Idealisierung der Heimat hatten eine Trostfunktion, um über den Verlust hinwegzukommen. Sie dienten und dienen auch der Identitätskonstruktion in entwurzelten Zeiten.

Die traumatische Erfahrung, dass Orte einfach ausgelöscht werden können, dass eine Heimat verloren gehen kann, hat sich den deutschen Nachkriegsgenerationen eingeschrieben. Die Suche nach den Wurzeln der Großeltern und Eltern ist auch eine Suche nach den verschwundenen Orten der Familiengeschichte, nach den Leerstellen der Familienidentität.

Und jedes Mal, wenn ich die Alleen wiedersah, die einsamen Seen und stillen Wälder, meinte ich nach Hause zu kommen.
Landschaft  ist eben wichtiger und gewiss prägender als alles andere. Sie gehört im letzten und höheren Sinne ohnehin niemandem, allenfalls vielleicht dem, der imstande ist zu lieben, ohne zu besitzen.“
Marion Gräfin Dönhoff , in: Namen, die keiner mehr nennt

Wer immer nur ‚Aufrechnung‘ fürchtet und selbst elementare Tatsachen nur politisch-ideologisch betrachten will, verkennt die Macht von Erfahrungen und Erinnerungen, die auf jeden Fall wirksam bleiben.
Das Gefühl für die Heimat stand, jedenfalls in den Dichtungen der Menschheit, neben der Erinnerung an Flucht und Entwurzelung.“
Gustav Seibt, Historiker, Süddeutsche Zeitung

Es ist nicht selbstverständlich, dass wir uns dauerhaft  in unserer vertrauten und lieb gewordenen Umgebung einrichten können.
Heimat kann von einem zum anderen Tag untergehen.“
Bundespräsident Joachim Gauck, Grußwort zum Tag der Heimat 2013

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